Menschen jubeln und applaudieren, sie laufen sich entgegen, fallen sich in die Arme. Pure Freude steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Solche Szenen sehen wir heute immer wieder. Denn wir befinden uns in Santiago de Compostela. Ziel des bekannten Jakobsweges.
Es muss ein unbeschreibliches Gefühl für die Pilger sein, endlich hier anzukommen. Wir sind relativ unspektakulär angereist, um uns die Hauptstadt Galiciens im Nordwesten Spaniens anzusehen: mit dem Bus von TUI Cruises im Rahmen unserer Kreuzfahrt.
Im Zentrum der Stadt stehen wir vor der prächtigen Kathedrale von Santiago de Compostela, die ebenso wie der Rest der Altstadt seit 1985 zum UNESCO Weltkulturerbe zählt.
Im 9. Jahrhundert wurde an dieser Stelle, in einem kleinem Gewölbe, das mutmaßliche Grab des Apostels Jakobus entdeckt, woraufhin man hier eine erste Basilika errichtete. Die Bauarbeiten für die heutige, weitaus größere Kathedrale begannen schließlich im 11. Jahrhundert. Im Laufe der Jahrhunderte wuchs der Strom der Pilger, die die Grabeskirche des Jakobus besuchen wollten, stetig an. Gerade in den letzten Jahren erlebt der Jakobsweg einen sehr großen Aufschwung.
Wir vermuteten schon, dass heute, am Feiertag Maria Himmelfahrt, viel los sein wird in der Stadt und es eventuell schwierig sein würde in die Kirche hineinzukommen. Dass die Schlange so lang sein wird, haben wir dennoch nicht erwartet. Das Ende, welches in eine Gasse hinein führt, kann man kaum sehen und so entschließen wir uns, nicht hineinzugehen. Schließlich bewegt sich die Masse sehr langsam voran und wir wissen nicht wie lange es dauern würde. Wäre ich länger hier gewesen, hätte ich mich aber auf jeden Fall angestellt. Ein Mitreisender unserer Kreuzfahrt hat es gemacht und war schließlich auch in der Kathedrale. Durch ihn konnten wir uns immerhin tolle Fotos anschauen und ich finde, es ist auf jeden Fall sehenswert.
Wir machen uns stattdessen auf den Weg in eine Seitenstraße um den Rest von Santiago de Compostela zu erkunden. Sobald man sich von der Kirche entfernt, sind manche Gassen wie ausgestorben.
Hin und wieder kommen uns erschöpfte Pilger in ihren Wanderstiefeln und mit Stöcken entgegen. Sie alle tragen die Jakobsmuschel bei sich, meist am Rucksack. Seit Jahrhunderten ist sie Erkennungsmerkmal von Pilgern und Symbol des Jakobsweges. Früher trug man diese an seinem Hut.
Für insgesamt 3,5 Stunden lassen wir uns von dem Ort in seinen Bann ziehen. Wir schlendern durch die Straßen, sehen uns Schaufenster kleiner Geschäfte an und kommen an einer kleinen Prozession, wahrscheinlich anlässlich des Feiertages, vorbei. Schließlich machen wir es uns in einer langen Gasse mitten in der Altstadt, gemütlich, bestellen uns verschiedene Tapas und beobachten das Treiben.
Die Straßen sind mittlerweile sehr belebt und es kommen immer mehr Menschen in die Stadt. Plötzlich springen ein paar Tische weiter alle auf und jubeln. Sie winken einem Pilger zu, der vom anderen Ende des schmalen Weges auf unser Restaurant zu läuft. Sie fallen sich in die Arme, stellen sich gegenseitig anderen Leuten der Gruppe vor und stoßen schließlich alle gemeinsam an. Es sind schöne Momente, an denen man hier Teil haben kann. Momente, die mich stark beeindrucken. Der Jakobsweg scheint auch Menschen zu verbinden.
Als wir uns auf den Rückweg zum Bus machen, begegnen wir ein paar Straßen weiter einer riesigen Menschenmenge. Ich blicke nach links und sehe kein Ende. Ich blicke nach rechts und sehe kein Ende. Wir folgen der Schlange ein ganzes Stück, bis wir wieder vor der Kathedrale stehen. Jetzt wussten wir auch, wo die Menschen alle hin wollen. Der Andrang heute Morgen war also im Vergleich zu jetzt noch gar nichts. Auch wenn wir die Kathedrale nicht von innen gesehen haben, hatten wir ein paar sehr schöne Stunden in Santiago de Compostela, die mir noch lange in Erinnerung bleiben werden. Und wer weiß, vielleicht sehe ich irgendwann nochmal die hohen Türme der Kirche in den hellblauen Himmel ragen. Dann vielleicht als Ziel des Jakobsweges. Und dann, werde ich auch hineingehen.
Warst du auch schon einmal in Santiago de Compostela und hast die Kathedrale von innen besucht? Oder bist du sogar selbst den Jakobsweg gelaufen? Dann würde ich mich freuen, wenn du mir davon erzählst.